•• Promotion vs. Emotion

Datum: 04.02.2018

Die Pferdefotografie kann vielseitiger gar nicht sein. Mein bisheriger Werdegang hat mich stark in der Westernszene verwurzelt. Aufträge aus der Englischecke und klassischen Reitweise sind nur sehr selten. Schon allein dadurch findet der eigene Stil seinen Platz.

Aber das ist nur ein Aspekt anhand dessen man einen Pferdefotografen einordnen kann. Ein weiteres Indiz für den Stil eines Fotografen ist die Art seiner Bilder. Und genau darauf will ich im heutigen Artikel einmal eingehen.

Was für eine Art von Fotograf bin ich?

Wer meine Fotos kennt, der weiß, dass ich eine Mischung aus emotionaler Pferdefotografie und sportlich geradlinigen Bildern liefere. Demnach würde ich mich als vielseitigen Pferdefotografen in der Westernszene bezeichnen. Es gelingt mir die kraftvolle ausdrucksstarke Seite eines Pferdes in den Vordergrund zu stellen. Ebenso kann ich den Wunsch nach emotionalen Pferdefotos erfüllen. Aber worauf lege ich wann Wert? Was beeinflusst meine Arbeit dabei? Mit welchen Gedanken gehe ich an welche Art von Fotoshooting heran?

Promotion vs. Emotion

Zunächst ist für mich wichtig, in welche Richtung das Fotoshooting gehen soll. Soll ein Hengst oder ein Verkaufspferd präsentiert werden? Oder sollen es emotionale Bilder werden, die einen stärkeren persönlichen Aspekt haben sollen?

Ziel der Fotos

Promotion

Wenn ich für ein Promotionshooting - beispielsweise für Hengstpromotion - gebucht werde, dann ist das Ziel ganz klar. Der Besitzer möchte seinen Hengst perfekt in Szene gesetzt bekommen. Wichtig ist, dass der Körperbau, die Muskulatur und der Ausdruck des Pferdes bestmöglich zur Geltung kommen. Schließlich sollen diese Fotos später einmal potentielle Deckkunden davon überzeugen, dass dieser Hengst für ihre Stute genau der richtige ist.

Ziel:
Präsenz • Kraft • Ausdruck

Emotion

Bilder, die einen emotionalen Touch haben, sollen die sanfte und weiche Seite eines Pferdes zeigen. Mit oder ohne Besitzer auf dem Bild werden diese Fotos eine andere Ausstrahlung haben als Promotionbilder. Es sind die Bilder, die dem Besitzer ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Die Bilder, die als Leinwand zu Hause im Wohnzimmer hängen. Hier stelle ich die Verbindung zwischen Pferd und Mensch in den Vordergrund, lasse Farben und besondere Locations sprechen.

Ziel:
Verbindung • Emotion • Sanftheit

Sobald ich weiß, wohin die Reise gehen soll, ist auch klar wie ich beim Fotoshooting vorgehe und was ich in den Vordergrund stelle. In den nachfolgenden 5 Blöcken gehe ich auf die wichtigsten Aspekte ein, die ich hierbei beachte. Los geht's...

Licht

Promotion

Bei einem Promotion Shooting arbeite ich ausschließlich mit der Sonne im Rücken, so dass das Pferd komplett "ausgeleuchtet" wird. Durch die entstehenden Schatten heben sich einzelne Muskelpartien stärker voneinander ab. Die Form des Pferdes wirkt insgesamt plastischer. Ebenso kommt der Fellglanz deutlicher zur Geltung.
Einziger Nachteil an dieser Sache: Ich bekomme meistens Sonnenbrand im Nacken ;-). Bildbearbeitung Hengstfoto

Darauf kommt es an:
Sonne im Rücken

Emotion

Sobald die Bilder eine emotionalere Richtung bekommen, wandere ich in den Schatten. Ich arbeite dann im Gegenlicht oder im Seitenlicht. Das bringt eine weiche Bildwirkung, lässt die Fotos "verwunschen" anmuten und zaubert wundervolle Lichtreflexe im Hintergrund. An den Haaren, Mähne und Schweif entstehen leuchtende Kanten, die durch die entgegenstehende Sonne erzeugt werden. Und mit der richtigen Position entstehen sogenannte Lense Flares - also Lichtreflektionen, die im Bild erkennbar sind. Bildbearbeitung emotionale Pferdefotografie

Darauf kommt es an:
Gegenlicht / Seitenlicht

Location

Promotion

Ein harmonischer, natürlicher Hintergrund ist wichtig. Eine Baumreihe, Büsche oder ein Waldrand eignen sich hierfür sehr gut. Ebenso wichtig ist, dass der Boden eben ist und dass das Gras nicht zu hoch ist. Ansonsten würden Gelenke und ein Teil des Beines verdeckt werden. Ein ebener Untergrund lässt das Pferd gerade stehen. Somit kommen der Rücken, die Oberlinie und der gesamte Körperbau bestens zur Geltung. Lil Magnum

Darauf kommt es an:
Ebener Boden mit niedrigem Bewuchs / natürlicher Hintergrund

Emotion

Ich wähle hier gerne Locations im höheren Gras. Dies und überhängende Äste im Vorder- und Hintergrund ermöglichen ein tolles Arbeiten mit der Unschärfe. Die Bildwirkung wird dadurch noch verspielter und geheimnisvoller. Man spricht in der Fotografie vom "Bokeh". Dies kann man wunderbar an solchen Locations aufbauen und aktiv in die Bildgestaltung einbinden. Araber im Gegenlicht

Darauf kommt es an:
Verspielte Location mit abwechslungsreicher Natur

Pferd

Promotion

Da ich das Pferd bestmöglich präsentieren möchte, kommt es hierbei auf einen festen Stand des Pferdes an. Das Pferd soll mit allen vier Beinen fest stehen - also keines der Beine entlasten. Bei Ganzkörperaufnahmen (seitliche wie schräg von vorne) müssen die Beine "kerzengerade" in den Boden zeigen. Auch die Abstände der einzelnen Beine zueinander spielen eine große Rolle. Nur so wird das Bild später die Wirkung erzielen, die es haben soll. Diese grundsätzliche Körperhaltung ist die perfekte Ausgangssituation, um das optisch bestmögliche aus dem Pferd heraus zu holen. Anschließend wird mit Rascheltüte, Spiegel, Futtereimer & Co. an der Position des Kopfes gearbeitet, um die Halsung und Form des Pferdes perfekt in Szene zu setzen. Ruf Star Cayetan

Darauf kommt es an:
Gerader & fester Stand, perfekte Kopfposition

Emotion

Hier kommt es mir weniger auf einen 100%ig perfekten Stand an. Natürlich soll das Pferd nicht mit schiefen Beinen auf dem Foto stehen oder die Hinterhand zu weit nach hinten gesetzt haben. Aber bei emotionalen Bildern haben wir einen größeren Tolleranzbereich, so dass nicht jedes Bein zentimetergenau gesetzt werden muss. Viel wichtiger ist mir hier, wie sich das Pferd in der Umgebung gibt. Entspannt und doch aufmerksam. Pferd emotional

Darauf kommt es an:
Ordentliche Körperform / Harmonisches Gesamtbild mit der Umgebung

Bildaufbau

Promotion

Abgesehen von Standbildern, auf denen das Pferd komplett zu sehen ist, gestalte ich Promotionbilder in einem relativ engen Bildschnitt. Das heißt, dass ich bei Kopfporttraits beispielsweise wenig Rand an den Seiten stehen lasse. Der enge Schnitt bewirkt, dass man sich beim Betrachten der Fotos in erster Linie mit dem Pferd befasst. Der Hintergrund wird zwar mit Bedacht gewählt, soll aber in der Bildwirkung eine untergeordnete Rolle spielen. Dunits Fintest Stop

Darauf kommt es an:
Enger Bildschnitt / Fokus auf dem Pferd

Emotion

Raum zum Atmen wäre hier das richtige Stichwort. Ein weiter Schnitt, freie Bildfläche in der Blickrichtung des Pferdes. Und schon hat man die perfekte Bildkomposition. Ein solcher Schnitt führt den Betrachter zum Nachdenken - ganz unbewusst. Wohin schaut das Pferd? Was passiert da hinten? Ganz automatisch verliert man sich in einem Foto und versucht eine "Geschichte" zu finden. Heluvas Lil Will Herbst

Darauf kommt es an:
Weiter Bildschnitt / soll zum Nachdenken einladen

Bildbearbeitung

Promotion

In der Bildbearbeitung hole ich dann das Maximum aus unserem Hengst heraus. Retuschearbeiten am Fell, Retuschieren von Führkette oder Strick und das Hervorheben von Kontrasten sind das A und O. Glanzstellen im Fell werden betont. Was hier weniger zum Einsatz kommt ist die Arbeit an den Farben. Ich bearbeite diese Bilder so nahe wie möglich an der Realität. Das höchste der Gefühle ist eine Bearbeitung der Farben im Hintergrund. Zum Beispiel werden Grüntöne ein wenig entsättigt. SL Custom Rooster

Darauf kommt es an:
Weniger ist mehr - starke Kontraste für plastische Wirkung

Emotion

Hier kommt die volle Palette der Bildbearbeitung zum Tragen. Spannende Farblooks, die den Bildaufbau unterstreichen. Das Licht wird in weiche warme Töne gehüllt und Lichtreflexe im Hintergrund werden heraus gearbeitet. Um die emotionale Seite dieser Bilder zu unterstreichen kann man tief in die Bildbearbeitungsprogramme einsteigen. Eine wahre Freude für einen Fotografen & Bildbearbeiter wie mich. Und natürlich werden auch hier Fell, Kette & Co. retuschiert. Bildbearbeitung emotionale Pferdefotografie

Darauf kommt es an:
Großer Spielraum für Bildbearbeitung / Bearbeitung von Farben

Fazit

Wie man also sieht, gibt es eine Menge Dinge, die ich bei meiner Arbeit beachte. Das alles sind Themen, die sich über die Jahre entwickeln und den eigenen Stil prägen. Und man entwickelt diesen Stil im optimalsten Fall ständig weiter. Natürlich wurde ich in meiner Arbeit auch immer durch andere Fotografen beeinflusst. Ich habe mir deren Tipps geholt, oder mich durch Fotos anderer inspirieren lassen, um so zu meinem eigenen Stil zu finden. An dieser Stelle bin ich auch dankbar für jeden wertvollen Ratschlag. Die Richtigen werden sich an dieser Stelle angesprochen fühlen ;-).

Am Wichtigsten ist mir jedoch, dass ich mir diese Vielseitigkeit bewahre. Ich werde nicht der Fotograf für "jedermann" sein. Diesen Anspruch habe ich auch gar nicht. Aber ich will der Fotograf sein, der möglichst viele Leute mit seiner Arbeit begeistern kann.

Vielen Dank für deinen Besuch.

- Tom -